Digitale Methoden im Einsatz für ein Großprojekt der Energiewende

Trimble Stratus kam beim Bau des SuedOstLink, einem der größten Energieinfrastrukturvorhaben Europas, als zentrale Plattform für die Verarbeitung von Luftbilddaten zum Einsatz. Das Projekt wird von der TenneT TSO GmbH, Deutschlands größtem Übertragungsnetzbetreiber, verantwortet.
Ziel ist die Errichtung einer leistungsfähigen Gleichstromverbindung, die Strom aus erneuerbaren Energien von Nord- nach Süddeutschland transportiert. Damit trägt das Vorhaben wesentlich zur Umsetzung der Energiewende bei und unterstützt das Ziel, die Stromversorgung bis 2050 überwiegend auf erneuerbare Quellen umzustellen.
In Bayern wird die Leitung fast vollständig als Erdkabel verlegt. Der Verlauf erstreckt sich von der Landesgrenze zu Thüringen und Sachsen bis zum Umspannwerk am Kraftwerk Isar in der Nähe von Landshut. Die besondere bauliche und vermessungstechnische Herausforderung ergibt sich aus der Länge der Trasse sowie der Breite des Arbeitsstreifens, der neben den Kabelgräben auch Baustraßen, Lagerflächen für Ober- und Unterboden sowie Schutzstreifen umfasst.

Verantwortlichkeiten innerhalb der Arbeitsgemeinschaft
Die Verlegung des 60 Kilometer langen Abschnitts C1 zwischen Reuth und Grafenreuth wurde an eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) aus der Wayss & Freytag Ingenieurbau AG und der Köster GmbH vergeben. Der Baubeginn erfolgte im März 2024; die Fertigstellung liegt bereits vor dem ursprünglichen Zeitplan.
Die beiden Unternehmen teilten die Aufgaben entsprechend ihrer Schwerpunkte auf: Köster übernahm schwerpunktmäßig Querungen von Verkehrswegen und natürlichen Hindernissen im Horizontalspülbohrverfahren (HDD). Wayss & Freytag war für die Herstellung der eigentlichen Stromtrasse zuständig, einschließlich Erdarbeiten, Aushub und Profilierung der Kabelgräben, Bau der Muffenstationen, Verlegung der Kabel sowie die Wiederverfüllung und Rekultivierung.
Die Kabeltrasse besteht aus zwei parallelen Gräben mit einem Abstand von zwei Metern, einer Regeltiefe von 1,88 Metern und einer lichten Breite von etwa 5,60 Metern. In jedem Graben wurden Kabelschutzrohre mit einem Durchmesser von 280 Millimetern sowie zwei zusätzliche Rohre von jeweils 50 Millimetern verlegt. Für die Erdarbeiten kamen großdimensionierte Baumaschinen wie Dozer und Bagger zum Einsatz, unter anderem ein 60-Tonnen-Bagger des Typs Liebherr R956. Teilweise erfolgten die Arbeiten mit modellgestützten Maschinensteuerungen, in vielen Fällen wurde die Profilierung jedoch manuell durch speziell angepasste Baggerlöffel unterstützt.
Digitale Vermessung als Abrechnungsgrundlage
Für die Abrechnung der Bauleistungen setzte die Vermessungs- und Abrechnungsabteilung von Wayss & Freytag auf eine Kombination aus Drohnentechnik und digitaler Datenverarbeitung. Eine DJI Mavic M3E Drohne mit RTK-Modul, geliefert von Sitech Deutschland, diente zur Erfassung der Luftbilder. Das RTK-System ermöglicht eine Lagegenauigkeit von zwei bis drei Zentimetern und schafft damit eine verlässliche Grundlage für die Bauabrechnung.
Die aufgenommenen Bilddaten wurden in die Plattform Trimble Stratus geladen. Dort erfolgte die Verarbeitung zu Orthofotos und 3D-Modellen, mit deren Hilfe Längen von Baustraßen und Gräben sowie Volumina der Bodenmieten und Haufwerke ermittelt wurden. Durch die Möglichkeit, Bodenmassen nach Bodenklassen getrennt darzustellen, entstand eine exakte Basis für die Mengenermittlung.
Trimble Stratus als Werkzeug für Dokumentation und Kontrolle
Neben der Abrechnung spielte die Vermessung auch für die Dokumentation des Baufortschritts eine zentrale Rolle. Die ARGE beauftragte Sitech Deutschland GmbH mit der Beweissicherung gegenüber dem Auftraggeber. Der Geschäftsbereich „Digitale Ingenieurleistungen“ führte dazu Befliegungen mit derselben Drohnentechnik durch.
Die erste Aufnahme erfolgte abschnittsweise vor Beginn der Erdarbeiten, jeweils in Teilstücken von 50 Metern bis drei Kilometern Länge. Aus den Luftaufnahmen wurden mit der Software Trimble Business Center, Edition Aerial Survey, präzise Orthofotos erstellt. Diese dienten der Übergabe an die ARGE als Planungs- und Nachweisgrundlage. Weitere Befliegungen dokumentierten den Zustand nach dem Aushub sowie nach der Verlegung der Kabelschutzrohre. Durch die so entstandenen Bilddokumentationen konnte der Baufortschritt nicht nur technisch präzise, sondern auch visuell anschaulich nachgewiesen werden.
Vorteile und Grenzen der drohnengestützten Vermessung
Der Einsatz von Drohnen in Kombination mit Trimble Stratus erwies sich als deutliche Zeitersparnis gegenüber konventionellen Vermessungsmethoden mit GNSS-Rovern. Ein ein Kilometer langer Abschnitt konnte innerhalb von rund zehn Minuten mit zentimetergenauer Genauigkeit erfasst werden.
Die Orthofotos hatten zudem den Vorteil, dass sie als unmittelbar nachvollziehbarer Arbeitsnachweis dienten. Damit wurden nicht nur die Mengen, sondern auch die räumliche Lage der Bauwerke für alle Beteiligten transparent dokumentiert.
Herausfordernd gestalteten sich Start und Flug der Drohne in schwer zugänglichem Gelände. Da die Trasse teilweise durch unerschlossene Natur führte, mussten geeignete Startpunkte identifiziert werden. Dies löste das Team durch die Markierung geeigneter Positionen in Google Earth, die anschließend über Google Maps angefahren werden konnten.
Wetterbedingungen stellten eine weitere Einschränkung dar: An frostigen Tagen vereisten die Rotoren, bei Nebel beschlug die Kamera. Diese Einflüsse führten zwar zu zeitweisen Verzögerungen, minderten jedoch nicht den Gesamtnutzen. Insgesamt überwogen die Vorteile – insbesondere die hohe Geschwindigkeit und die unmittelbare Dokumentationsmöglichkeit – deutlich gegenüber den wenigen witterungsbedingten Ausfalltagen.
Rolle von Sitech Deutschland und Trimble
Die Sitech Deutschland GmbH ist in Deutschland exklusiver Vertriebs- und Servicepartner von Trimble in den Bereichen Maschinensteuerung, Bauvermessung und Baustellen-Management. Das Unternehmen mit Sitz in Oberhausen betreut mit rund 190 Mitarbeitern von acht Standorten aus über 8.000 Systeme. Für das Projekt SuedOstLink stellte Sitech nicht nur die benötigte Hardware bereit, sondern übernahm auch Leistungen in der digitalen Vermessung und Dokumentation.
Trimble selbst gilt als Pionier der GPS- und Positionierungstechnologien. Das 1978 im kalifornischen Sunnyvale gegründete Unternehmen beschäftigt weltweit über 7.000 Mitarbeiter und entwickelt Lösungen, die Satellitennavigation, Mobilfunkkommunikation und Software kombinieren. Die Anwendungsfelder reichen von Bauwirtschaft und Landwirtschaft über Transport und Logistik bis hin zur Telekommunikation. Mit einem Umsatz von über 2,4 Milliarden US-Dollar (2014) zählt Trimble zu den führenden Technologieanbietern in seiner Branche.
Schlussfolgerungen und Ausblick
Das Beispiel SuedOstLink verdeutlicht, dass digitale Methoden wie drohnengestützte Luftbildvermessung in Verbindung mit Plattformen wie Trimble Stratus die Effizienz und Nachvollziehbarkeit im Infrastrukturbau erheblich steigern. Neben der präzisen Abrechnung bieten die erzeugten Daten auch eine wertvolle Grundlage für Dokumentation, Qualitätssicherung und Kommunikation zwischen Auftraggeber und Bauunternehmen. Damit leisten sie einen entscheidenden Beitrag zum Gelingen großer Infrastrukturprojekte der Energiewende.
Fotos: Wayss & Freytag Ingenieurbau AG