Grabenloser Glasfaserausbau über drei Oderarme in Stettin erfolgreich umgesetzt
Im Zuge des Netzausbaus für ein städtisches Glasfaser-Backbone in Stettin (Szczecin) setzte das beauftragte Bauunternehmen Hydropex auf das horizontale Spülbohrverfahren (HDD) mit dem Gerätetyp Grundodrill 28Nplus von Tracto. Die grabenlose Bauweise erwies sich nicht nur als effizient, sondern angesichts der komplexen örtlichen Gegebenheiten als faktisch alternativlos. Insgesamt drei Düker mussten unter innerstädtischen Wasserläufen mit Längen von bis zu 426 Metern installiert werden – ein technisches Unterfangen, das insbesondere im urbanen Raum besondere Präzision und Erfahrung erforderte.
Komplexe Rahmenbedingungen im städtischen Raum
Die polnische Hafen- und Universitätsstadt Stettin ist durch ein dichtes Netz aus Wasserläufen, Hafenanlagen und Wohngebieten geprägt. Drei Stadtteile auf der rechten Oderseite sollten im Jahr 2024 über ein neues Glasfaserstammkabel an das zentrale Verteilernetz angebunden werden.
Die insgesamt über 11 Kilometer lange Trasse erforderte dabei drei grabenlose Unterquerungen: Die West-Oder (231 m), der Parnicki-Kanal (210 m) und die Regalica (426 m). Die Bauausführung fand unter erschwerten Bedingungen statt – etwa im Bereich beengter Innenstadtquartiere, bei laufender Hafennutzung und unter unterschiedlichsten geologischen Bedingungen, darunter sandige, tonige sowie torfhaltige Schichten und Moränenmaterial.
HDD-Verfahren trotzt technischen und geologischen Herausforderungen
Mit der praktischen Umsetzung wurde die Hydropex Sp. z o.o. beauftragt, ein auf grabenlose Technologien spezialisiertes Unternehmen mit langjähriger Erfahrung im Bereich gesteuerter Bohrtechnik. Die Arbeiten erfolgten vollständig im HDD-Verfahren mit zweiphasigem Ablauf: Zunächst wurde jeweils eine Pilotbohrung durchgeführt, gefolgt vom Aufweitungsprozess und dem Einzug von HDPE-Schutzrohren mit 200 Millimetern Durchmesser. Insbesondere die schwierigen geologischen Verhältnisse sowie die örtlichen Restriktionen im Bauraum erforderten präzise Planung, erfahrenes Bedienpersonal und hochperformante Maschinentechnik.
Präzisionsarbeit unter der West-Oder
Die erste Bohrung unterquerte die West-Oder auf 231 Metern Länge. Das Bohrteam arbeitete hier mit einem MAG8-Funkortungssystem und einer 19-Zoll-Sonde. Die Ortung musste vom Boot aus erfolgen, da die Bohrung streckenweise bis zu 19,2 Meter tief unter dem Flussbett verlief. Eine besondere Herausforderung stellte das Passieren vorhandener Stahlbewehrungen im Kaibereich dar. „Teilweise musste ein Bereich mit einer Breite von 40 Zentimetern in 14 Metern Tiefe getroffen werden”, schilderte ein Projektverantwortlicher. „Was bei den durch den Stahl auftretenden Signalstörungen alles andere als alltäglich war.“
Signalverluste unter dem Parnicki-Kanal
Bei der zweiten Bohrung unter dem 210 Meter breiten Parnicki-Kanal kam ein kabelgeführtes Ortungssystem zum Einsatz. In der Praxis erwies sich dieses System jedoch als anfällig: „Immer wieder ging das Signal verloren“, so die Bauleitung. Nach fünf Schichten konnte die Pilotbohrung dennoch erfolgreich abgeschlossen und der Rohrzug in einem Stück durchgeführt werden.
Rekordbohrung unter der Regalica
Die längste Unterquerung realisierte Hydropex unter der Regalica mit 426 Metern – ein neuer Rekord in der Firmengeschichte. Aufgrund der eingeschränkten Fläche wurden die HDPE-Rohre zunächst stumpfgeschweißt und in ovaler Schleife ausgelegt. Die Steuerung erfolgte wieder mittels Funkortung. Um Signalstörungen zu minimieren, wurde der Schiffsverkehr temporär eingestellt und zur Stabilisierung der Ortung ein 200 Meter langes Seil über den Fluss gespannt.
„Diese sehr lange Probebohrung wurde mit großer Genauigkeit innerhalb von nur zwei Arbeitstagen abgeschlossen“, berichtet Hydropex. Insgesamt konnte jede der drei Unterquerungen in durchschnittlich zwei Wochen durch ein Team von sechs bis neun Fachkräften abgeschlossen werden.
Leistungsdaten und Anwendererfahrungen mit dem Tracto Grundodrill 28Nplus
Zentraler technischer Erfolgsfaktor des Projekts war der Grundodrill 28Nplus von Tracto. Die Maschine überzeugte laut Hydropex mit einer Zug- und Vorschubkraft von 280 kN sowie stufenlos regelbarem Drehmoment. „Die Aufzeichnung aller Bohrdaten erlaubte es dem Bediener, auf Grundlage bereits abgeschlossener Bohrabschnitte Rückschlüsse auf die geologischen Verhältnisse zu ziehen“, hieß es aus dem Unternehmen.
Die durchgängige Automatisierung – vom Gestängehandling über die Spülung bis zur Steuerung der Bohrparameter – ermöglichte ein konzentriertes und ermüdungsfreies Arbeiten. Der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch des 300 PS starken Cummins-Motors der Tracto Maschine lag bei rund neun Litern pro Stunde, was als bemerkenswert effizient eingestuft wurde. Auch die geringe Geräuschemission wurde positiv hervorgehoben: „Der Fahrer konnte selbst bei laufendem Betrieb Gespräche von außen problemlos wahrnehmen“, so ein Mitarbeiter.
Grabenlose Bauweise als einzig realistische Option
Das Projekt zeigte in eindrucksvoller Weise, dass die grabenlose Bauweise nicht nur technisch möglich, sondern im urbanen Kontext häufig alternativlos ist. Eine offene Bauweise wäre im dicht besiedelten Stadtgebiet sowie unter laufendem Hafenbetrieb nicht nur kostenintensiv, sondern auch mit erheblichen Eingriffen in den öffentlichen Raum verbunden gewesen. Dank der eingesetzten HDD-Technologie konnte die Maßnahme wirtschaftlich, umweltschonend und in vergleichsweise kurzer Bauzeit realisiert werden.
Über Tracto
Tracto mit Hauptsitz in Lennestadt-Saalhausen ist weltweit führend in der Entwicklung und Herstellung von Maschinen für die grabenlose Leitungsverlegung. Das Unternehmen agiert seit 1962 als Impulsgeber der No-Dig-Technologie und bietet mit rund 850 Mitarbeitern international ein breites Portfolio für den Leitungsbau in den Bereichen Wasser, Gas, Strom, Telekommunikation und Abwasser. Mit Standorten in Europa, Australien und den USA ist Tracto global präsent.