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Bell B45E meistert extreme Bedingungen

Leistungsträger im Dolomitabbau

Bell B45E 4x4 im Einsatz bei den Ostrauer Kalkwerken
Während der Abraumkampagne 2025 der Ostrauer Kalkwerke zeigte der Bell B45E 4×4 auf anspruchsvollem Gelände eine überzeugende Leistung

Seit Beginn des Jahres 2025 ergänzt ein Bell B45E 4×4 die Förder- und Transportkette der Ostrauer Kalkwerke. Der knickgelenkte Zweiachser mit einer nominellen Nutzlast von 41 Tonnen wurde zunächst während der winterlichen Abraumkampagne eingesetzt, die als Belastungsprobe unter erschwerten Bedingungen geplant war.

Die dort gesammelten Erfahrungen zeigen, dass der Muldenkipper nicht nur in der Kalkproduktion, sondern auch in der Flächenerschließung und Wiederverfüllung als verlässliches Arbeitspferd gilt.

Betriebshintergrund und Geologie

Die Ostrauer Kalkwerke sind heute der letzte aktive Produzent von Dolomit im Raum Döbeln. Das Unternehmen baut den Plattendolomit in Mächtigkeiten von 10 bis 20 Metern im Sprengverfahren ab. Überdeckungen von bis zu 25 Metern aus lehmigem und mergelhaltigem Material müssen zuvor abgetragen werden.

Diese Abraumarbeiten werden vor allem in den Wintermonaten durchgeführt, wenn die Nachfrage nach Kalkprodukten saisonbedingt niedriger ausfällt. Insgesamt fielen während der Kampagne 2025 rund 200.000 Kubikmeter Material an, die auf einer Fläche von etwa anderthalb Hektar zu bewegen waren.

Nach der politischen Wende 1991 wurde der Betrieb privatisiert und von den heutigen Eigentümern übernommen. Mit 35 Beschäftigten und kontinuierlichen Investitionen in Aufbereitungstechnik, Logistik und Fahrzeugflotte hat sich das Unternehmen in den letzten Jahren zu einem vielseitigen Anbieter entwickelt. Neben Kalkprodukten für die Landwirtschaft gehören auch Gesteinskörnungen für den Straßen- und Wegebau, Füllmaterialien für Gabionen sowie Stallhygiene-Produkte zum Programm.

Bell B45E 4x4 im Einsatz bei den Ostrauer Kalkwerken
Perfect Match: Der Großbagger Hitachi ZX490 LCH-7 mit 3,2-m³-Tieflöffel benötigt nur 7–8 Ladespiele, um den Bell B45E 4×4 vollständig zu beladen

Förderkette und Maschinenkonzept

Für den selektiven Abtrag der Abraumlagen setzte Ostrau einen Großbagger Hitachi ZX 490 LCH-7 mit 50 Tonnen Einsatzgewicht und einem Tieflöffel von 3,2 Kubikmetern ein. Das Material wurde unmittelbar in Transportfahrzeuge geladen. In früheren Jahren waren dafür bis zu vier angemietete Knicklenker mit 30 Tonnen Nutzlast notwendig.

In der aktuellen Konfiguration wurde erstmals der Bell B45E 4×4 eingesetzt, flankiert von zwei 30-Tonnern und einem starrrahmigen 35-Tonner aus dem Bestand. Ziel war es, durch die höhere Nutzlast und die robustere Bauweise des Zweiachsers die Umläufe zu reduzieren und gleichzeitig die Betriebssicherheit zu erhöhen.

Technische Merkmale des Bell B45E 4×4

Der Bell B45E 4×4 basiert auf einem Konzept, das bewusst auf die dritte Achse verzichtet und damit ein geringeres Eigengewicht sowie einen reduzierten Wenderadius ermöglicht. Angetrieben wird er von einem Mercedes-Benz-Reihensechszylinder mit 390 Kilowatt Leistung, der sein maximales Drehmoment von 2.600 Newtonmetern über ein vollautomatisches Siebengang-Getriebe von Allison und ein Verteilergetriebe von Kessler an beide Achsen abgibt.

Die Differenzialsperren schalten sich automatisch zu und erhöhen die Traktion in schwierigen Passagen. Das Betriebsgewicht des Fahrzeugs liegt bei rund 30,5 Tonnen, sodass im beladenen Zustand ein Gesamtgewicht von 71,5 Tonnen erreicht wird.

Bell B45E 4x4 im Einsatz bei den Ostrauer Kalkwerken
Dank serienmäßiger Muldenheizung und 55°-Kippwinkel bewährt sich die flache Gesteinsmulde des Bell B45E 4×4 auch beim Abkippen bindigen Abraums auf Halde

Mulde, Bremsanlage und Bereifung

Die Gesteinsmulde fasst mit Muldenerhöhung und Heckklappe etwa 28,5 Kubikmeter und erlaubt damit, dass bei typischen Dolomitchargen die Nutzlast stets an den nominellen 41 Tonnen liegt. Ein Onboard-Wiegesystem dokumentierte im Einsatz sogar durchschnittlich 44 Tonnen, während die parallel eingesetzten 30-Tonner im Schnitt knapp unter 29 Tonnen lagen.

Für die Verzögerung sorgt eine Kombination aus Ölbadlamellenbremsen an allen Rädern und einer automatischen Retarder-Funktion, die gerade bei langen Gefällestrecken im Ostrauer Steinbruch ein wichtiges Sicherheitsplus darstellt. Ergänzt wird das Konzept durch Traktionskontrollen, die über Geschwindigkeitssensoren an den Hinterrädern gesteuert werden und bei Bedarf selektiv eingreifen.

Die Bereifung ist auf maximale Belastung im schweren Gesteinsabbau ausgelegt: vorne kommt eine 775/65R29-Einzelbereifung zum Einsatz, hinten Zwillingssätze der Dimension 21.00R35. Diese Kombination gewährleistet eine stabile Lastverteilung, geringen Bodendruck und im Verhältnis zu 6×6-Fahrzeugen eine bessere Passierbarkeit auf stark beanspruchten Trassen.

Bell B45E 4x4 im Einsatz bei den Ostrauer Kalkwerken
Der Bell B45E 4×4 beim Befüllen des 60-m³-Aufgabebunkers am Vorbrecher der Ostrauer Kalkwerke

Praxiseinsatz im Abraumtransport

Die Transportstrecke zwischen Gewinnungsstelle und Halde misst knapp 1.000 Meter und weist Steigungen bis 20 Prozent auf. Unter den winterlichen Bedingungen, die von feuchten Lehmpassagen und Frost-Tau-Wechseln geprägt waren, hatten selbst 6×6-Fahrzeuge mit breiten Flotationsreifen Probleme, sich nicht festzufahren.

Der Bell-Zweiachser zeigte in diesen Situationen einen Vorteil, da er aufgrund seiner unterschiedlichen Spurweiten und Aufstandsflächen bestehende Fahrspuren regelrecht überspannte und auch nach wiederholter Befahrung ohne zusätzliche Wegepflege betriebsfähig blieb.

„Die Integration des Bell B45E 4×4 in die Ostrauer Produktionsabläufe verlief wie erwartet problemlos,“ berichtet Walter Michels, Product Manager Muldenkipper beim Bell Vertriebspartner Kiesel. „Alle Parameter passten: Beginnend mit der Ladeleistung ab Haufwerk, wo die mit Muldenerhöhung und Heckklappe gehäuft rund 28,5 Kubikmeter fassende Gesteinsmulde einen sehr guten Füllgrad gewährleistet und damit die Chargenleistung immer bei den nominellen 41 Tonnen des Bell B45E 4×4 hält.“

Die Maschinenkette bestand aus dem Hitachi Großbagger für den Direktabtrag, dem Bell B45E als Haupttransporter, zwei unterstützenden 30-Tonnern sowie einem 4,5-Kubikmeter-Radlader Hitachi ZW310, der ergänzend in die Beladung eingebunden wurde. Damit konnte die Aufbereitung mit einer maximalen Leistung von 300 Tonnen pro Stunde auch im Zweischichtbetrieb zuverlässig versorgt werden.

Bell B45E 4x4 im Einsatz bei den Ostrauer Kalkwerken
Leistungsstark und abgestimmt: Im Rahmen der Kiesel Systemlösung arbeitet der Bell B45E 4×4 effizient mit dem 4,5-m³-Großradlader Hitachi ZW310 zusammen

Leistungsdaten, Verbrauch und Verschleiß

Die durchschnittlich bewegte Last von 44 Tonnen je Zyklus stellte sicher, dass die Zahl der Umläufe gegenüber der bisherigen Konfiguration deutlich reduziert wurde. Gleichzeitig konnte das Betriebsteam beobachten, dass die Fahrstabilität auch unter Maximallast gegeben war.

Die Bordelektronik dokumentierte nach 1.200 Betriebsstunden im überwiegenden Abraumtransport einen mittleren Verbrauch von 20,6 Litern pro Stunde. Die Vergleichsfahrzeuge mit 30 Tonnen Nutzlast lagen bei 17 Litern pro Stunde, was bezogen auf die transportierte Tonnage einen Effizienzvorteil von etwa 25 Prozent für den Bell B45E bedeutet.

Besonderes Augenmerk richtete das Ostrauer Team auf den Reifenverschleiß. Die Zwillingssätze der Hinterachse bewährten sich im scharfkantigen Dolomit, während die Vorderachse die Lasten auch bei maximalem Füllgrad sicher aufnahm. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wurde damit ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Standzeit, Traktion und Bodendruck erreicht.

Bell B45E 4x4 im Einsatz bei den Ostrauer Kalkwerken
Ortstermin (v. l.): Bell Verkaufsleiter Andreas Reinert, Werkstattleiter Enrico Hoffmann, Fahrer/Techniker Sebastian Fuchs, beide Kalkwerke Ostrau, sowie Kiesel Gewinnungsexperte Walter Michels

Bewertung und Ausblick

„Natürlich verkaufen wir den Bell B45E 4×4 deshalb jetzt nicht als ultimative Offroad-Maschine,“ resümiert Michels. „Er ist und bleibt der Allrounder mit echten Stärken im Steinbruch und großen Möglichkeiten auf schwerem Terrain.“

Für die Ostrauer Kalkwerke hat sich die Anschaffung bereits während der ersten Kampagne bestätigt, da die Maschine nicht nur eine höhere Transportleistung erbringt, sondern auch eine spürbare Entlastung der gesamten Flotte ermöglicht. Werkstattleiter Enrico Hoffmann sieht den Bell daher als festen Bestandteil der zukünftigen Maschinenkette im Dolomitabbau.