You are currently viewing Rien ne va plus
Sprengung des Trump Plaza am 17. Februar

Rien ne va plus

Not hired but fired! Im Februar wurde das Trump Plaza in Atlantic City gesprengt

Das Trump Plaza nach der Sprengung - nur ein Berg von Schutt
Bis auf den vorderen, direkt an die Convention Hall grenzenden Teil des ehemaligen Resorts ist nichts mehr übrig vom Trump Plaza

3.000 Stangen Dynamit besiegelten das Ende. Wie eine La-Ola-Welle von West nach Ost voranschreitend, sorgte am Mittwoch, dem 17. Februar, kurz nach neun Uhr Ortszeit ein mustergültig ins Werk gesetztes Stakkato von Explosionen dafür, dass dem Trump Plaza in Atlantic City der Reihe nach die Stützen wegknickten. In weniger als  20 Sekunden brach das 39-stöckige Gebäude, von dem nicht viel mehr als das tragende Skelett übrig geblieben war, nach der Sprengung in sich zusammen. Nicht ohne sich während des Zusammenbruchs noch einmal kurz nach Süden in Richtung Florida zu wenden, das sein ehemaliger Schöpfer, der New Yorker Immobilien-Tycoon und abgewählte US-Präsident Donald Trump als Wohnsitz für seinen Ruhestand bestimmt hat.

Ob diese Rechnung aufgeht, wird sich zeigen. Zumindest spielte die Sprengung der Stadtverwaltung ein wenig Geld in die Kasse. Um dem Spektakel aus sicherer Entfernung beizuwohnen zu können, wurde von den Zuschauern nämlich eine Eintrittsgebühr in Höhe von zehn Dollar erhoben. Begleitet wurde der Fall des Hauses Trumps von spontanem Beifall. Und während Bürgermeister Marty Small „die Trump-Ära in Atlantic City für offiziell beendet“ erklärte, setzte Trumps jahrelange Rivalin Hillary Clinton einen mit der Unterschrift „Bye-bye!“ versehenen Tweet mit dem Abbruchsvideo ab.

Trumps erste Duftmarke am Atlantik

Im Sommer 2000 zeigen sich am Trumpschen Casino-Imperium schon erste Risse. Das Plaza präsentiert sich noch wie aus dem Ei gepellt

Das zwischen 1982 und 1984 errichtete Gebäude war die erste Immobilie von Trump in Atlantic City. Entworfen wurde es vom Architekten Martin Stern, der als Erfinder des Konzepts der strukturellen Integration von Casino und Resort-Komplex gehandelt wurde. Entsprechend ging  damals in Las Vegas nahezu jeder zweite Hotelbau auf ihn zurück. 614 Zimmer, sieben Restaurants, ein Fitness-Studio, ein Veranstaltungssaal mit 750 Sitzplätzen und knapp 6.000 Quadratmeter Casino-Fläche hatte Stern in dem Komplex untergebracht. Bei der Eröffnung pries Donald Trump denn auch in seiner inzwischen hinlänglich bekannten Manier das Bauwerk als „finest building in Atlantic City, and possibly the nation“, als schönstes Gebäude in Atlantic City und möglicherweise sogar des ganzen Landes.

Damit war klar, welches Ziel Trump mit dem Neubau direkt am Boardwalk, der berühmten Strandpromenade der Stadt, verfolgte. Erst wenige Jahre zuvor nämlich hatte New Jersey auf Betreiben von Atlantic City ­–  und nur innerhalb dessen Grenzen – die Legalisierung des Glücksspiels beschlossen. Um jeden Preis wollte Trump auf den sich bereits durch den Umbau des Chalfonte-Haddon-Hall-Hotels zum Casino abzeichnenden Boom aufsatteln und Las Vegas die Stirn bieten.

Der Traum vom Spielerparadies

Trump Plaza am Boardwalk von Atlantic City
Boardwalk von Atlantic City mit Convention Hall und Trump Plaza

Die Stadt am Atlantik freilich tat sich damit keinen Gefallen. Per bis zum Strand durchfahrenden Zug vom nahegelegenen New York aus bequem zu erreichen, hatten sich die Stadtväter mit einer seit den fünfziger Jahren vorangetriebenen Ausrichtung auf den Tourismus und vor allem auf letztlich doch nur selten gebuchte längere Aufenthalte verkalkuliert. Mit der neuen Glücksspiel-Strategie wollte man nun dem wirtschaftlichen Niedergang die Stirn bieten.

Vor allem die High Society und reiche Spielernaturen, die sich nicht vor hohen Einsätzen scheuten, sollten nun Geld in die Stadt spülen. Auch Trump hatte mit dem Plaza auf diese Klientel gesetzt. Allein 85 höchst exklusive, sogenannte „High-Roller Suites“ für Spieler mit sehr hohen Umsätzen hatte das neue, ursprünglich unter dem Namen „Harrah’s at Trump Plaza“ eröffnete Resort zu bieten, für dessen Casino er sich zunächst die Harrah’s Corporation als Partner ins Boot geholt hatte. Die jedoch war mit dem Gewinn von nur 144.000 Dollar vor Steuern im ersten Halbjahr 1985 höchst unzufrieden und beschloss daher, auch um der zum eigenen Casino in der „Harrah’s Marina“ bestehenden Konkurrenzsituation ein Ende zu bereiten, seinen Ausstieg aus dem gemeinsamen Invest.

Einsetzender Größenwahn

Mangels einer Glücksspiel-Lizenz verkaufte Hilton Hotels das als Atlantic City Hilton 1985 fertiggestellte Resort an Trump, der daraus das Trump Castle machte

Trump hingegen hielt sich mit derlei Gedanken nicht lange auf: Während es ihm in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre gelang, zahlreiche viel beachtete Veranstaltungen nach Atlantic City und ins Trump Plaza zu locken, schritten in Sichtweite bereits die Bauarbeiten zu einem weiteren Investment voran: dem nur ein Jahr nach dem Plaza eröffneten „Trump’s Castle“. Gleichzeitig wurde etwas weiter nördlich ebenfalls am Boardwalk das „Taj Mahal“ mit einigen baulich bedingten Verzögerungen von der Resorts International in die Höhe getrieben. 1986 geriet der Bau nach dem Tod des Firmenchefs ins Stocken und Resorts International in finanzielle Schieflage, worauf Trump den immer noch im Bau befindlichen Rohbau erwarb und mit enormen Aufwand fertig stellte.

Bis zu dessen Eröffnung unterdessen schlug sich das Trump Plaza, das für größere Events auch die in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene Atlantic City Convention Hall nutzen konnte, für einige Jahre prächtig. Zahlreiche Profi-Boxkämpfe, darunter die mit Abstand meisten im Raum New York veranstalteten Kämpfe des Ausnahmetalents Mike Tyson, mehrere amerikanische Miss-Wahlen sowie Konzerte etwa der Rolling Stones zogen wohlklingende Namen an. Madonna, Sean Penn, Barbra Streisand, Don Johnson, Muhammad Ali, Aretha Franklin, Luther Vandross oder Barry White – alle diese Stars werden als einstige Gäste des Trump Plaza gelistet. Glanzpunkt der Geschichte des Trump-Plaza-Casinos waren die beiden rekordverdächtigen Baccarat-Sessions des in Tokyo ansässigen zwielichtigen Geschäftsmanns Akio Kashiwagi, der 1990 auf Einladung von Trump am Spieltisch zunächst die Kleinigkeit von 12 Millionen Dollar abräumte, in einem von Trump verlangten Rematch im gleichen Jahr dann allerdings 9,4 Millionen Dollar wieder verlor.

Beginn einer unaufhaltsamen Abwärtsspirale

Donald Trump 1990 vor dem Taj Mahal Casino in Atlantic City

1990 eröffnete dann schließlich auch das erheblich größere Taj Mahal. Recht bald machte sich der Einfluss des hinzugekommenen Wettbewerbers bemerkbar. Trump aber verschärfte die sich abzeichnende Entwicklung noch mit einer weiteren Akquisition: dem nach seinem Konkurs zur Disposition stehenden „Playboy Hotel and Casino“, das 1996 als „Trump World‘s Fair“ wieder den Betrieb aufnahm. Damit zählten letztlich insgesamt vier Casino-Resorts zum Trump-Imperium. Enorme Kosten waren die Folge, mit denen die für den Betrieb der Trump-Immobilien in Atlantic City geschaffene Holding-Gesellschaft recht bald überfordert war. Schon Mitte der 1990er Jahre musste Trump Anteile verkaufen, um eine drohende Insolvenz zu vermeiden.

 

Auf der gegenüberliegenden Seite der Atlantic City Convention Hall stand das 1996 erworbene Playboy Hotel and Casino

1999 schloss dann nach nur drei Jahren unter Trump-Ägide das „Trump World‘s Fair“ und wurde ein Jahr später abgerissen. Die Probleme der Trump-Entertainment-Resorts beendete das nicht. Zwischen 2004 und 2014 legte das Unternehmen drei Konkurse hin. Trump selbst zog sich 2009 aus dem Betrieb der Casinos zurück, gestattete aber den weiteren Betrieb der Casinos unter seinem Namen. Das Trump Plaza überlebte den letzten Konkurs nicht mehr. Am 16. September 2014 wurde endgültig der Betrieb eingestellt. Aufgrund von jahrelang ausgebliebenen Instandhaltungsinvestitionen war es nicht mehr konkurrenzfähig.

Das Ende des Trump Plaza

Der sich in den folgenden Jahren zunehmend beschleunigende Verfall führte letztlich dazu, dass Trump gerichtlich durchsetzen konnte, dass sein Name von der Fassade entfernt wird. Nachdem dann bei Stürmen erstmals Fassadenteile des Plaza auf die Uferpromenade stürzten, setzte Bürgermeister Small den Rückbau durch. Der durch die Sprengung entstandene Trümmerberg soll nach dem Willen einer Umweltorganisation vor der Küste zur Bildung eines künstlichen Riffs eingesetzt werden.

Die beiden anderen einst dem Trump-Imperium zugehörigen Hotelkomplexe in Atlantic City werden inzwischen längst erfolgreich von anderen Eigentümern geführt. So kann die Kleinstadt die Episode Trump, wie Small am 17. Februar bemerkte, durchaus berechtigterweise als abgehakt ansehen.

Dump Trump

Im Oktober 2014 wird der Trump-Schriftzug abgebaut. Seit diesem Zeitpunkt beschleunigt sich der Verfall des Plaza drastisch

Für Trump selbst unterdessen gestaltet sich die Lage weitaus düsterer. Denn mit dem von ihm aufgestachelten Sturm auf das Kapitol habe er, wie „Die Welt“ einen Tag nach der Sprengung die amerikanische Werbeexpertin Sally Hogshead zitierte, seine eigene Marke dauerhaft beschädigt. Kanzleien, Banken, Immobilienfirmen, Sportverbände würden die mit Trump bestehenden Verträge kündigen.

Paradebeispiel dabei ist die PGA Championship: Eine Zusammenarbeit mit dem Ex-Präsidenten, teilte der Veranstalter des überaus renommierten Golf-Turniers mit, „würde dem eigenen wirtschaftlichen Wachstum schaden.“ Auch der schwerreiche Investor Steven Roth, bislang Trump und der Republikanischen Partei zugetan, soll offenbar planen, im Hinblick auf zwei bedeutende Gewerbeimmobilien in Midtown Manhattan und Downtown San Francisco die Zusammenarbeit mit Trump zu beenden.

Insgesamt, so rechnet Die Welt vor, scheint der Umsatz der Trump-Organization binnen kürzester Zeit deutlich von 445 auf 278 Millionen Dollar gesunken zu sein. Und das angesichts von Verbindlichkeiten, bei denen Trump selbst mit 421 Millionen Dollar Schulden in der Kreide stehe.

Das Ungemach verschärfen noch zahlreiche anhängige Strafverfahren. Besonders bedrohlich scheinen nach Einschätzung von Kennern der Szene die Nachforschungen des New Yorker Staatsanwalts Cyrus Vance zu sein, der gegen Trump wegen des Verdachts auf Steuer- und Bankenbetrug ermittelt. Bleibt zu hoffen, dass nicht ein weiteres Mal jemand auf dem Schutt von Donald Trump Schiffbruch erleidet.