Drei Tage Bauzeit für eine vollständige Tragschichterneuerung

In Markt Indersdorf, rund fünfzig Kilometer nördlich von München, wurde innerhalb eines sehr kurzen Bauzeitfensters die gesamte Tragschicht einer Staatsstraße erneuert. Grundlage der Maßnahme war ein Kaltrecycler der Wirtgen CR-Serie. Das Gerät verarbeitet die vorhandenen Baustoffe direkt vor Ort, ohne dass Material abtransportiert oder zwischengelagert werden muss. Dadurch verkürzen sich Instandsetzungsprozesse erheblich und die Materiallogistik wird spürbar reduziert.
Während vergleichbare konventionelle Erneuerungen üblicherweise sechs bis acht Wochen beanspruchen, konnte die Herstellung der neuen bituminös stabilisierten Tragschicht in lediglich drei Tagen abgeschlossen werden. Für die öffentliche Hand ergibt sich daraus nicht nur eine zeitliche Entlastung, sondern auch ein wirtschaftlicher Vorteil, da Transport- und Lagerkosten weitgehend entfallen.
Herausforderungen des kommunalen Erhaltungsbaus
Die Straßeninfrastruktur vieler Kommunen befindet sich seit längerer Zeit unter erheblichem Erhaltungsdruck. Steigende Verkehrsbelastungen, Witterungseinflüsse und knappe Haushaltsmittel erschweren eine kontinuierliche Sanierung. Herkömmliche Bauverfahren, die meist einen vollständigen Ausbau des Bestandes vorsehen, binden in erheblichem Umfang Ressourcen.
Das in situ Kaltrecycling erschließt einen alternativen Ansatz, indem es vorhandene Asphalt- und Gesteinsmaterialien vor Ort erneut nutzbar macht. Im vorliegenden Projekt kam darüber hinaus Schaumbitumen zum Einsatz, das aus Heißbitumen unter kontrollierter Zugabe von Luft und Wasser erzeugt wird und mithilfe geringer Zementmengen eine dauerhafte Verbindung innerhalb des granulierten Materials bewirkt.

Technischer Ablauf des Recyclingprozesses
Im Bauablauf wurden die bestehenden Schichten des Oberbaus mithilfe des Wirtgen Kaltrecyclers W 240 CRi aufgenommen und im Mischraum des Geräts mit Schaumbitumen und Zement homogenisiert. Das Material wurde anschließend direkt in den Vögele Straßenfertiger Super 2100-5i übergeben, der für den lagegerechten Einbau sorgte.
Im Anschluss daran übernahm eine Hamm Tandemwalze HD+ 140i die Verdichtung, bevor die abschließende Endverdichtung durch eine Gummiradwalze Hamm HP 280i erfolgte. Bemerkenswert ist die erreichte Produktionsleistung von rund 360 Tonnen pro Stunde, die ohne zusätzliche Transportvorgänge und ohne Zuführung neuer Tragschichtmaterialien erzielt werden konnte.
Ausgangsmaterialien, Laboranalyse und Mischungskonzept
Die Rezeptur der BSM-Schicht wurde auf Grundlage einer umfassenden Laborbeprobung festgelegt. Dabei zeigte sich, dass die bestehende Asphaltdeckschicht von lediglich 50 bis 80 Millimetern nicht ausreichte, um die geplante neue Tragschicht in der erforderlichen Stärke auszubilden. Daher wurde zusätzlich Asphaltfräsgut aus benachbarten Baustellen eingebracht, wodurch eine Schichtdicke von etwa 160 Millimetern erreicht werden konnte. Die Zugabe des hydraulischen Binders erfolgte über den Bindemittelstreuer SW 16 MC von Streumaster. Diese Vorgehensweise zeigt, dass in situ Kaltrecycling sowohl auf den vorhandenen Baustoffbestand zurückgreift als auch im Bedarfsfall um weitere, qualitativ geeignete Materialien ergänzt werden kann.

Wirtgen in der projektspezifischen Umsetzung
Die Bauausführung wurde durch einen Maschinenverbund aus dem Wirtgen Group Produktions-System realisiert. Zu Beginn erfolgte die Profilierung und Verdichtung des angeschütteten Asphaltfräsguts mithilfe eines John Deere Graders 672 GP und einer Hamm Tandemwalze HD+ 140i.
Zur Erweiterung der Arbeitsbreite wurden die vorhandenen Asphaltflächen mit den Wirtgen Kompaktfräsen W 150 CFi und W 130 Fi vorgefräst, bevor der eigentliche Recyclingvorgang mit dem Wirtgen W 240 CRi begann.
Nach dem Einbau übernahm erneut die Hamm HD+ 140i die Zwischenverdichtung, gefolgt von der Endverdichtung mit der Hamm HP 280i. Auch der abschließende Deckschichteinbau erfolgte mit dem Vögele Super 2100-5i, der seinerseits durch den Vögele Beschicker MT 3000-2i versorgt wurde.

Umgang mit regionaltypischen Untergrundverhältnissen
Eine besondere technische Herausforderung stellte die vorhandene rundkieshaltige Tragschicht dar, die für die Region typisch ist und nach fachlicher Bewertung nicht in den Recyclingvorgang einbezogen werden sollte. Die eingesetzten Wirtgen Fräsen und der Kaltrecycler arbeiteten sich daher bis an den Materialübergang heran, ohne den unterlagernden Rundkies anzutasten. Auf diese Weise blieb die vorhandene Tragstruktur erhalten und wurde durch die neu eingebrachte, etwa 160 Millimeter starke BSM-Schicht ergänzt.
„Wir erneuern die Straße im Kaltrecyclingverfahren mit einem kompletten Recyclingzug aus Wirtgen Group Maschinen“, erläutert Stefan Hausmann, Oberbauleiter bei SSP Seizmeir Straßen- und Pflasterbau GmbH. „Wir bauen mit zusätzlichem Fräsgut von einer anderen Baustelle eine neue, stärkere Tragschicht auf. Der große Vorteil: Es geht viel schneller, als wenn wir komplett ausbauen würden.“
Bauabwicklung unter laufendem Verkehr
Der gesamte Kaltrecyclingzug wurde als mobile Wanderbaustelle geführt, sodass die unmittelbar angrenzenden Straßenabschnitte während der Bauarbeiten weiterhin genutzt werden konnten. Selbst der landwirtschaftliche Verkehr blieb in weiten Teilen gewährleistet, was insbesondere bei Neben- und Gemeindestraßen von erheblicher Bedeutung ist.
Die Maßnahme in Markt Indersdorf zeigt beispielhaft, welches Potenzial in situ Kaltrecycling im kommunalen Straßenbau entfalten kann, wenn maschinentechnische Ausstattung, bautechnische Anforderungen und verkehrliche Randbedingungen in einem abgestimmten Prozess zusammengeführt werden.




