Ein hochalpines Bauprojekt als logistisches und technisches Großexperiment
Am Grimselpass in den Schweizer Alpen ist im Juni 2025 die neu errichtete Ersatz-Staumauer Spitallamm offiziell eingeweiht worden. Damit endete ein mehrjähriges Projekt von Wolffkran, bei dem zwei Großkrane in fast 2.000 Metern Höhe über viereinhalb Jahre hinweg zum Einsatz kamen.
Das Projekt galt von Beginn an als außergewöhnlich, da Bauarbeiten in hochalpiner Lage stets von schwierigen logistischen Rahmenbedingungen, stark schwankenden Witterungsverhältnissen und engen Zeitfenstern geprägt sind.
Für Projektleiter Ralph Stump und das Team aus sechs Kranführerinnen und Kranführern war die Fertigstellung ein besonderer Moment, zumal das Bauvorhaben über die Jahre hinweg internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte.
Dimensionen und technische Besonderheiten
Die beiden eingesetzten Wippkrane vom Typ Wolff 1250 B gehören zu den größten Modellen des Unternehmens. Während der Bauzeit bewegten sie zusammen rund 500.000 Tonnen Beton in mehr als 32.000 Hüben. Die intensive Beanspruchung führte dazu, dass in jeder Bausaison zweimal pro Kran die Hubseile ausgetauscht werden mussten.
Um den Einsatz in der exponierten Höhenlage überhaupt zu ermöglichen, entwickelte Wolffkran eigens das XXL-Turmelement TV 60. Mit einer Seitenlänge von sechs Metern bildete es die Basis für die fast 100 Meter hohen Krane. Beide Maschinen standen auf Fundamenten von mehr als 1.500 Tonnen Gewicht – etwa zehnmal schwerer als bei herkömmlichen Bauprojekten. „Standardtürme und -fundamente hätten den extremen Wetterbelastungen nicht standgehalten. Mit dem TV 60 konnten die Wölffe freistehend arbeiten“, erläutert Ralph Stump, Managing Director Wolffkran Schweiz AG.
Arbeitsorganisation im hochalpinen Umfeld
Die kurze jährliche Bauphase zwischen Mai und Oktober erforderte ein straffes Arbeitsregime. „Hinter all diesen Superlativen steht eine einzigartige Teamleistung“, betont Stump. Die Kranführer arbeiteten im Drei-Schicht-System rund um die Uhr. „Sieben Tage arbeiten, drei Tage frei, acht Stunden pro Schicht auf dem Kran, ein anspruchsvoller Einsatz.“
Neben den langen Schichten belasteten die klimatischen Bedingungen die Arbeit erheblich. Innerhalb weniger Minuten konnte dichter Nebel aufziehen, nachts fiel teils meterhoch Schnee, und das Risiko von Lawinen sowie starker Stürme war ständig präsent. Trotz dieser Umstände gelang es, den Betrieb aufrechtzuerhalten.
„Wenn um halb elf der Anruf kam, dass ein Seil getauscht werden muss, hatten unsere Monteure mittags das Ersatzteil oben am Kran und um 17:30 Uhr lief der Betrieb wieder“, berichtet Stump. Auch anspruchsvolle Reparaturen wurden gemeistert: „Einen 120 Kilo-Bolzen in über 90 Metern Höhe am Kran austauschen – auch hier war unser Team zur Stelle.“
Rückbau und Logistik
Der Abbau der Großkrane begann bereits im Oktober 2024. Die letzten Komponenten wurden im Juni 2025 ins Tal gebracht. Der Rücktransport umfasste 4.205 Kubikmeter Kranvolumen mit einem Gesamtgewicht von 1.281 Tonnen. Insgesamt waren dafür mehr als 60 Lkw-Fahrten notwendig, teils mit Überbreite.
Überwinterungskonzept und Weiterverwendung
Eine zentrale Herausforderung bestand darin, die Krane über die langen Wintermonate funktionsfähig zu halten. Dazu wurden sie drei Mal täglich automatisch bewegt, um Schäden durch Stillstand zu vermeiden. Zudem erhielten empfindliche Bauteile wie Hubwinde, Einziehwerk und Schaltschrank einen speziellen Schutz durch Abdeckmatten. Dieses aufwändige Verfahren zahlte sich aus, da die Krane ohne größere Instandsetzungsarbeiten für ihren nächsten Einsatz bereitstanden.
Das nächste Projekt führt die beiden Großkrane nach Saudi-Arabien. Dort sollen sie beim Bau des Prince-Mohammed-Bin-Salman-Stadions in Qiddiya eingesetzt werden. Die exponierte Lage auf einer Klippe bringt erneut herausfordernde Bedingungen mit sich. Auch hier wird das TV 60-System freistehende Turmhöhen von etwa 100 Metern ermöglichen.
Strahlkraft für Technik und Branche
Mit Abschluss der Arbeiten an der Ersatz-Staumauer zieht das Unternehmen eine positive Bilanz. „Für uns war das mehr als ein Einsatz. Es war ein Meilenstein, der zeigt, wozu unsere Technik und unser Team fähig sind“, so Stump.
Die Baustelle am Grimselpass zog während der gesamten Projektzeit ein breites Fachpublikum an. „Das Interesse an unserem Krankonzept war über die gesamte Bauzeit sehr groß“, sagt Stump. „Zahlreiche Fachleute und Vertreter renommierter Bauunternehmen, Planer und Fachingenieure – auch viele aus dem Ausland – besuchten die Baustelle und waren von den roten Riesen beeindruckt. Wir sind bereits in Gesprächen über mögliche Folgeprojekte.“
Das Projekt Spitallamm zeigt, dass technologische Anpassungen, sorgfältige Planung und hohe Einsatzbereitschaft auch unter extremen Bedingungen Bauvorhaben dieser Größenordnung ermöglichen können. Die gewonnenen Erfahrungen werden künftig in weitere Projekte einfließen und damit über den Grimselpass hinaus Wirkung entfalten.
Über Wolffkran
Wolffkran gehört zu den traditionsreichsten Herstellern von Turmdrehkranen und blickt auf eine Unternehmensgeschichte von mehr als 170 Jahren zurück. Neben der Entwicklung und Produktion von Kranmodellen verfügt das Unternehmen über eine eigene Mietflotte von rund 800 Turmdrehkranen. Die Unternehmenszentrale befindet sich in Zug in der Schweiz. Gefertigt wird an zwei Standorten in Deutschland: in Heilbronn sowie in Luckau. Weltweit beschäftigt Wolffkran derzeit rund 870 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben den Produktionsstätten unterhält das Unternehmen Vertriebs- und Serviceniederlassungen in West- und Mitteleuropa, im Nahen Osten sowie in den Vereinigten Staaten.